Prototaxites aus dem Geschiebe
Zu dem wohl seltensten Material im Geschiebe gehört das Devon-Gestein. Mit viel Glück kann man Gesteinsstücke aus diesem Zeitfenster der Erdgeschichte finden. Darunter sind auch verkieselte Überreste aus dem unteren Devon, die das Aussehen von verkieseltem Holz haben. Doch hier handelt es sich um einen Organismus von dem man nur sehr wenig kennt.
Die devonische Periode kennzeichnet den Anfang der umfassenden Landkolonisation durch erste Grünanlagen und größeren Wäldern. In dieser Zeit gestaltete die Natur in den sumpfigen Niederungen die ersten Grünanlagen in einer halbtrockenen, wüstenähnlichen Landschaft. Diese ersten Grünanlagen bestanden überwiegend aus Cooksonia, einer Pflanze aus blätterlosen, dichotomen Ästen die zur Gruppe der „Sporangien“ gehörten. Sie waren im Allgemeinen sehr kurzstehend und kaum mehr als einige Zentimeter hoch gewachsen. Diese frühen Pflanzen hatten noch keine Wurzeln oder Blätter wie vorhandene Funde es zeigen.
Aus dieser frühen Phase der Landkolonisation, explodierte die Pflanzenentwicklung. So standen die ersten "Übergangswälder" vor 390 Millionen Jahren in Lindelar im Sauerland auf einer Halbinsel. Vor 385 Mill. Jahren wuchs im Hudson Valley (New York State) ein Gilboa-Sumpfwald, vor 380 Mill. Jahren ein Lycopsiden-Sumpfwald auf Spitzbergen. und vor 374 Mill. Jahren auch ein (Cladoxylopsida-) Baumfarn-Wald in Xinjiang (China). Diese frühen hygrophilen Wälder waren, genau wie die Karbon-Flora, standortabhängig und besiedelten die sumpfigen Niederungen.
Die 2 bis 3 Meter hohen Bäume von Lindelar – Calamophyton genannt – hatten noch keine richtigen Wurzeln. Der Stamm wurde an der Unterseite durch einen Schopf aus dünnen Strängen im Erdreich verankert, hatte also einen Ballen aus dünnen, peitschenähnlichen Wurzeln. Die Ausbreitung dieser ersten Wälder hat den Planeten erheblich beeinträchtigt, indem sie große Mengen an Kohlendioxid verbrauchten, was zu einer globalen Abkühlung führte. Letztlich haben "Bäume" alles verändert!
Doch vor 410 Millionen Jahren dominierte ein rätselhafter Organismus die ersten Grünanlagen: Prototaxites, ein riesiger fructiver Organismus der zu den Nematophyten gestellt wird. Bei diesem Organismus weiß man nicht, ob dieser zu den Pflanzen oder zu den Pilzen gestellt werden kann. Diese Organismen lassen sich einfach nicht in ein Stammbaumsystem einordnen. Nematophyten kennt man schon seit dem Ordovizium, fanden aber ihre wirkliche Ausbreitung in den frühen kontinentalen Ökosystemen des Silurs bis ins Unterdevon. Einige dieser fremdartigen Organismen sind klein, nur wenige Millimeter im Durchmesser (Rhynie Chert), andere dahingegen formten gewaltigen stammartige Körper aus. Mit seiner beachtlichen Höhe von 8 Metern und gut 1 Meter Durchmesser steht dieser Organismus in mitten einer buschähnlichen primitiven Grünanlage. Prototaxites ist vor 350 Millionen Jahren in allen devonischen Gesteinsschichten nicht mehr nachweißbar.
Nematophyten bestehen in ihrer Gesamtheit aus kleinen Röhren, was der Name auch sagt. Es handelt sich um einen völlig unbekannte Organismus-Gruppe, man kennt die Lebensweise nicht, auch wie Nährstoffe aufgenommen, oder wie Nährstoffe durch den Stamm transportiert wurden. Selbst über die Verbreitung hat man keine genaue Vorstellung. Ein Vergleich mit Pilzen, brachte neue Ideen. Als Ausbreitungsmöglichkeiten kommen Hyphen oder Sporen als Folge einer sexuellen oder asexuellen Vermehrung in Frage.
Mit Blick auf die silurisch- und devonischen Umweltverhältnisse, garantiert die Sporen-Strategie dieser Gruppe das Überleben. Als Möglichkeit kommen Austrocknung, Hitze und Kälte für ein problemloses Überdauern in Betracht. So könnten Brände im Boden ruhenden Sporen aktiviert haben, denn Feuer macht die obersten Bodenschichten steril, was den Nährboden bereitete. Oder die Stammform mit der gewaltigen Höhe von 8 Metern sollte als Sporenschleuder dienen. Entweder sorgte der Wind für die Verbreitung, oder der Stamm selbst diente als Druckschleuder. Hierbei könnte steigender Flüssigkeitsüberdruck die Sprengung der Spitze verursacht haben und damit zur Verbreitung der Sporen gesorgt haben.
DAWSON hat 1859 diesen Namen gewählt, weil dieses Fossil durch seinen ringartigen Aufbau an verkieseltes Koniferenholz erinnert. Seine Histologie zeigt aber, dass der Körper aus mikroskopisch kleinen, parallel verlaufenden Zellröhrchen, einem Pseudoparenchym aufgebaut wird. Womit bis Mitte der achtziger Jahre noch die Algen-Theorie bewiesen wurde. Diese Theorie wurde durch eine Alge aus dem atlantischen Ozean (Palmentang Laminaria hyperborea) belegt. Diese Rezente Alge sieht aus wie ein Baum mit Wurzeln, rundem Stamm und einer Krone aus Blättern.
Durch Untersuchungen des Rhynie Chert Gesteins aus Schottland geht man heutzutage eher davon aus, dass Prototaxites zu den Nematophyten oder „Fadenpflanzen“ gehört. 2010 kam eine Wiss.-Arbeit heraus in der Prototaxites kein Stamm sei, sondern eine aufgerollte Matte aus Lebermoos. Darauf folgte auch 2010 eine Wiss.-Arbeit in der diese neue Theorie widerlegt wurde.
Bis heute gibt es keine Klarheit, neue Funde können vorerst noch unter Prototaxites loganii (Dawson, 1859) oder unter Nematophyton loganii (Dawson, 1888) gestellt werden. Offen bleibt vorerst, ob dieses Fossil unter die Pflanzen oder unter den Pilzen zu stellen ist. Prototaxites findet sich in Küstenablagerungen des Rheinischen Schiefergebirges, in Ablagerungs-sedimenten in Kanada, sogar auf Spitzbergen lässt sich dieses Fossil nachweisen.
Prototaxites Funde sind im Taunus, Hunsrück und Eifel im Anstehenden gemacht worden. Andere weiter östlich gelegene Fundgebiete sind damit nicht auszuschließen. In den Vogesen sind aber bislang keine Funde gemacht worden. Die Abgebildeten Prototaxites-Stücke können keinem bekanntem Fundort zugeordnet werden.
Letzte Aktualisierung: Mai 2018