Die Saale-Eiszeit im Emsland und im Münsterland
Kieswerk Siebanlage, Endmoräne im Emsland
Die Saaleeiszeit gliedert sich in zwei Abschnitte: In das Saale Früh- und das Saale Hochglazial. Das Frühglazial unterteilt sich noch einmal durch zwei Warmzeiten (Interstadial). Das Hochglazial wird durch mindestens ein wärmeres Interstadial getrennt, eine Warmzeit (Gerdau-Interstadial) unterteilt in die Abschnitte Drenthe- und Warthe-Stadium. Die Ablagerungen im Emsland und im Münsterland entstand im Hochglazial, genauer im Drenthe Stadium (210.000 - 165.000 Jahren). Während der ersten Rehburger-Phase (Frühphase des Drenthe-Stadium) wurden die Endmoränen im südwestlichen Emsland und in der benachbarten Grafschaft aufgeschoben, um in mehreren Phasen anschließend von den weiter vorrückenden Eismassen überschoben zu werden. Die folgende Münsterland-Phase bedeckte dann auch die münsterländische Bucht, wobei der saaleeiszeitliche Hauptgletscher bis an den Niederrhein sich vorschob.
Das von Norden kommende Eis enthielt auch große Wassermengen die den Gletscher nach und nach entwässerten. Die vorrückenden Eismassen kamen während des Gerdau-Interstadial zum Erliegen und das abschmelzende Eis erodierte die Rinnen des Münsterländer Kiessandzuges (kurz MKZ) und der Twente-Achterhoek-Rinne (NL) (kurz TAR), direkt im Eisfreien Korridor aus. In einer dritten Phase eines erneuten Eisvorschubes wurden die beiden Rinnen mit Kies und Sand aufgefüllt. Bei den beiden Kiessandzügen handelt es sich um eine Mischform aus Osern und Kames die auch die Entstehung näher erklären. Unter einem Os versteht man die relativ groben, oft wallartigen in Fließrichtung der Eisbewegung, gestreckte Ablagerung. Also einer Ablagerung eines unter, in oder auch auf dem Eis abfließenden Schmelzwasserflusses mit anschließender Materialschüttung. Oser werden allerdings in aller Regel nur bis zu 150 m breit. Dazu steilwandig und wesentlich kürzer als ein Kame. Bei einem Kame handelt es sich um eine eher stagnierend oder langsam fließende Schmelzwasservertiefung. Das Schüttmaterial besteht zumeist aus feinerem Sediment, die in oder am Rande nicht mehr bewegtem Eis, abgesetzt wurden.
Das im Emsland und im Münsterland abgelagerte Geschiebe, steht allein im Zusammenhang mit der Saale-Eiszeit. Es gibt keinen Nachweis der Elster- oder auch Weichsel-Eiszeit in diesem Bereich. Während die Moränen im Emsland in einer starken Beziehung zu den fluvialen Geröllen von Weser und Elbe und den Jura Gesteinen aus dem westlichen Wiehengebirge stehen, sind die beiden Kiessandzüge vor allem mit Geschieben der Ostsee Umrandung geprägt worden. Hier unterscheidet sich der Münsterländer Kiessandzug jedoch stark von der Twente-Achterhoek-Rinne, da dieser neben Ferngeschieben aus Skandinavien auch sehr viel Lokalgeschiebe aus der näheren Umgebung mit sich führt. Der Münsterländer Kiessandzug (auch MKZ) durchschneidet die Landschaft des Münsterlandes in einem weitgezogenen Bogen. Südwestlich von Salzbergen beginnt das über 80 km lange Großgebilde Münsterländer Kiessandzug und schließt sich nahtlos an einem ca. 65 Meter hohen Moränenrelikt in Salzbergen/Emsbüren an.
Während der nördliche Teil des Kiessandzuges, also der Teil von Salzbergen über Neuenkirchen und St Arnold bis nach Emsdetten und Nordwalde, reich an groben Bestandteilen von Kies und Sand ist, weicht der südlich von Nordwalde gelegene Teil des Kiessandzuges, über Greven, Münster in Richtung Warendorf durch deutlich weniger Kiesbestandteile vom Norden ab. Auch hat der nördliche Bereich viel geringere Mengen an Flussgeröll aufgenommen als die emsländischen Moränen.
Die Mächtigkeit des MKZ schwankt zwischen 10 und 30 Metern im zentralen Bereich, an seinen Rändern sinkt die Mächtigkeit bis auf 2 bis 5 Meter bei einer durchschnittlichen Breite der Rinne von 1000 Meter. Im südlichen Teil, Raum Münster/Albersloh und Sendenhorst, trennt sich sogar der Kiessandzug von der Rinne. Dort ist die Kiessandschüttung um einige hundert Meter verschoben (Thiermann 1973). Der größte Teil des Kiessandzuges hebt sich morphologisch nicht aus dem umgebenden Gelände hervor. Größtenteils wird er von Sanden der oberen Niederterrassen und vor allem von Flugsanden bedeckt.
Die ehemaligen Aufschlüsse im Kiessandzug gaben einen guten Einblick in die Schichtungs- und Lagerungsverhältnisse des Kiessandzuges. So befindet sich an der Basis meist das gröbste Material, das nach oben hin in feineres übergeht. Die höheren Lagen bestehen aus feingeschichteten Feinsanden mit Lagerungsstörungen durch Geschiebelehm. Dieses rührt von den kegelförmigen Sand- und Kieseinschüttungen während der Ablagerungszeit.
Auf dem Weg nach SW überschoben die Eisgletscher verschiedene Erhebungen im Gelände. Eine besondere Erhebung ist der Stemmweder Berg, von dieser Stelle stammt auch ein Teil des Oberkreide Materials in den Emsland-Moränen und dem MKZ. Die Moräne der Dammer Berge ist zwar Saale-Eiszeitlich, jedoch nur zu einem Teil. In dieser Moräne verbirgt sich auch noch ein Relikt der Elster-Eiszeit. Zwar wurde auch dieser Teil vom Eis überschoben, ist aber kaum abgetragen worden was auch für die anderen Moränen gilt. Das Moränenmaterial lässt sich sogar gut vom Geschiebematerial des MKZ unterscheiden.
Anders verhielt es sich bei dem Quer zum Eisstrom stehenden Höhenzug der von Losser (NL) bis nach Hörstel reichte. Dieser Höhenzug, eine Verlängerung des Teutoburger Waldes, war vor der Eiszeit nur an wenigen Stellen von Wasserläufen durchbrochen, doch die heranrückenden Eismassen überschoben diesen Höhenzug völlig, durchbrachen ihn großflächig und nahmen ihm so auch einen großen Teil der Höhe ab. Heute stehen nur noch einzelne Höhen im Gelände wie der Bentheimer Sattel mit 95 Meter oder der Rothenberg (Ochtrup) mit 95 Meter, aber auch der Thieberg und Waldhügel mit 86 und 94 Meter (Rheine). Dieser Höhenzug spielte auch eine wesentliche Rolle bei der Ablagerung der Geschiebe im Kiessandzug. So fanden sich im Abschnitt von Neuenkirchen und St. Arnold die Oberkreide Kalksteine des Thiebergs und Waldhügels wieder. Gleiches gilt auch für den Coesfelder Raum, die dort zur Ablagerung in der Grundmoräne kamen. So wurde jeder Abschnitt des Gletschermaterials durch lokal anstehendes Gestein stark mitgeprägt.
Bedingt durch den Eisvorstoß kam es auch zum Stau der Kontinentalen Entwässerung von Elbe, Weser und Ems. Diese wurden nach Westen abgelenkt oder stauten sich sogar auf, oder froren gänzlich ein. Dabei wurden mitgeführte Gerölle großflächig abgelagert und gerieten so auch zwischen dem Gletscherschutt. Typische Gerölle sind der Bundsandstein des Solling, aber auch Quarzporphyre aus Thüringen bzw. aus dem Harz oder die Eisenkiesel (Jaspis) und Radiolarite aus Nord Hessen. Den weitesten Transportweg haben einige Flussgerölle der Elbe, zu denen Achate aus Böhmen und Amethyste aus Schlottwitz gehören. Diese fluviatilen Ablagerungen wurden von den heranrückenden Gletschern aufgenommen und bis ins Münsterland mit den Eismassen verfrachtet. So entstanden im MKZ Mischgeschiebe aus ehem. fluviatilen Geröllen, nordischen Geschiebe und Lokalgeschieben.
Damit bot dieses Saale-Zeitliche Gebilde, Interessierten der Erd- und Lebensgeschichte eine Fundstelle auf engstem Raum. Für den Sammler von Geschieben geht es, möglichst viele Gesteine in Augenschein zu nehmen, um so die Chance eines „guten Fundes“ zu erhöhen. Dass man dazu in die Natur gehen muss, ist ein positiver Nebeneffekt und gleichzeitig auch entspannend.
Text Harald Rohe
Erstellt: 2/2016
Letzte Aktualisierung: 2019